T9-Text-Eingabe

Früher war es sehr umständlich, auf der kleinen Tastatur eines Handys eine Short Message einzutippen. Die meisten Buchstaben sind nur durch 2, 3, 4 oder bei Umlauten und ß noch öfteres Drücken einer Taste zu erreichen. Wenn man einmal zu viel getippt hat, muß man entweder "ganz rum" tippen oder das angezeigte Zeichen löschen und nochmal den gewünschten Buchstaben eingeben. Klar, daß das viele davon abhält, Kurznachrichten direkt am Handy einzugeben. Klar auch, daß die Hersteller über eine Verbesserung nachgedacht haben.

Herausgekommen ist die T9-Texteingabe. Damit ist es möglich, fast alle Texte einzugeben, indem die Taste, auf der der gewünschte Buchstabe zu finden ist, nur einmal gedrückt wird. Die Handys mit T9-Technik verfügen über ein erweiterbares Wörterbuch, und erreichen mit einer Trigramm-Analyse eine sehr hohe Treffer-Quote bei der Ermittlung des gewünschten Wortes.

Und das ist auch die Quelle des Namens: T9 steht für text on nine keys. Eben eine effiziente Methode, Texte mit nur neun Tasten der kleinen Handy-Tastatur einzugeben.

Die ersten Handys mit dieser tollen Technik waren das Nokia 7110, Nokia 3210 und ein Modell von Benefon. Mittlerweile haben praktisch alle Handy-Hersteller diese Technik (oder eine vergleichbare) lizensiert.

wie funktioniert das denn nun?

Wenn Sie "HALLO" eingeben wollen, drücken Sie die Tasten 4-2-5-5-6. Nach den ersten zwei Tasten könnte der Wortanfang einer der folgenden 9 sein: GA, GB, GC, HA, HB, HC, IA, IB, IC. Einige dieser Kombinationen kommen so gut wie gar nicht vor (GB, GC, HB, HC), andere wesentlich häufiger.

Grundsätzlich haben alle Kombinationen in der deutschen Sprache eine genau bekannte Wahrscheinlichkeit. In anderen Sprachen gelten für die Häufigkeiten des Auftretens von Buchstabenkombinationen andere Werte; bei Texten einer gewissen Länge kann man das sogar verwenden, um die verwendete Sprache zu identifizieren.

Nach jedem Tastendruck wird die Buchstabenkombination mit der höchsten Wahrscheinlichkeit angezeigt. Man braucht sich nicht irritieren zu lassen, wenn statt dem gewünschten HA jetzt IC angezeigt wird, weil das von diesen neun (ga, gb, gc, ha, hb, hc, ia, ib, ic) die in der deutschen Sprache statistisch wahrscheinlichste Kombination ist. Wenn man dann die dritte Taste drückt, kommt J oder K oder L dazu. Damit werden wieder einige sehr unwahrscheinliche Kombinationen erzeugt, und es bleiben eigentlich nur noch GAL, HAK, HAL, IAL, IBL und ICH, die in deutschen Wörtern vorkommen. Fügen Sie dahinter nochmal J/K/L an, und es bleiben praktisch nur noch die Kombinationen GALL und HALL übrig. GALK, HALK und ICHK kann man zwar noch aussprechen, aber Worte, die diese Buchstabenfolge haben, gibt es nur sehr wenige mit entsprechend geringer Häufigkeit (reGALKombination, scHALKe04 oder MöglICHKeit). Und an einem Wortangang kommen die praktisch gar nicht vor. Am besten, Sie probieren das einfach aus.

Natürlich kann man auch alle anderen Worte eingeben. Ggf. muß man die automatische Erkennung abschalten. Z.B. wenn man ein Passwort oder Ortsnamen oder … übertragen will. Häufiger gebrauchte Worte kann man dem der Texterkennung zugrundeliegenden Wörterbuch zufügen. Bei Passworten rate ich davon natürlich ab …

Ergänzen läßt sich diese Technik durch die Möglichkeit, Text-Bausteine abzuspeichern.

T9 wurde Ende der 1990er Jahre von T9 Solutions bzw. Tegic entwickelt. Die ersten T9-Geräte waren das Nokia 7110 sowie Geräte von Benefon, Philips (Nino 500 Serie), Clarions Auto PC und der PalmPilot.

AOL mobile hatte Tegic am 1.12.1999 übernommen.

26.6.2000: Die T9-Technik ist jetzt für 16 Sprachen verfügbar: Chinesisch, Dänisch, Deutsch, Englisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Holländisch, Italienisch, Japanisch, Koreanisch (Hangul), Norwegisch, Portugiesisch, Schwedisch, Spanisch und Türkisch. Da diese Technik auch besonders interessant für den riesigen chinesischen Markt ist (Ende ´99 waren das 25 Millionen Teilnehmer, 2009 ein Vielfaches...), arbeitete Tegic dafür mit Optimay (damals eine Tochter von Lucent) zusammen, was die Zeit bis zur Marktreife stark verkürzte.

Seit Juni 2007 gehört T9 zu Nuance. In 2008 wurden über weltweit 800 Millionen Geräte mit T9 und XT9 Technologie ausgeliefert!

Leider hat es lange gedauert, bis Handys T9 auch in WAP-Eingabefeldern anboten. In den ersten WAP-Jahren war es schon eine ziemliche Geduldsprobe, eine Mail über einen WAP-Client zu schreiben. Aber das ist zum Glück Geschichte …

Alternative Eingabe-Techniken

das Chatboard von Ericsson
das Chatboard von Ericsson

Ericsson hatte auf seinen Mobil-Geräten gleich drei alternative Ansätze zur effizienten Texteingabe.
Das Chatboard ist eine kleine Tastatur, die an viele Modelle angeschlossen werden kann - u.a. 788e, S868, SH888, I888, T18s, A1018s, A1018sc, T10s, T10sc, R250s PRO (die stehen in der Anleitung; es funktioniert wohl auch mit anderen Modellen aus dieser Zeit).
Beim R320, T68i und anderen hat der Schieber an der Seite die Funktion, dass er die zweite Belegung einer Taste wählt, wenn er hochgeschoben ist, und die dritte, wenn er runtergeschoben wird. Gut vergleichbar mit der Shift- und Alt-Taste, die der Taste auf der Tastatur eine zweite und dritte Bedeutung geben. Das funktioniert auch beim T610, hier ist es allerdings kein Schiebeschalter, sondern zwei separate Tasten.
Und der R380 erkennt Stifteingaben. Entweder direkt geschrieben, oder über eine On-Screen-Tastatur eingegeben. Das System stammt von CIC, die schon seit Anfang der 90er Schrift-Erkennung für Pen-Rechner entwickelten.

Motorola hatte zuerst die "iTAP" Texteingabe implementiert, z.B. im Anfang 2001 eingeführten Talkabout 192.

Eatoni Ergonomics hat ein dem T9 ähnliches Verfahren entwickelt, das ohne Wörterbuch auskommt. Nach eigenen Angaben kommt diese Technik zu ähnlich guten, teilweise besseren Ergebnissen, indem nur statistische Informationen über die Zielsprache verwendet werden. Ende 2001 kamen die ersten Handys mit dieser Technik auf den Markt. Der Firmenname entspricht übrigens den 6 häufigsten Buchstaben in der englischen Sprache. Viele Hersteller von Festnetz-SMS-Telefonen hatten sich für die Lösung von Eatoni entschieden.

In 2017 bietet Eatoni immer noch vier verschiedene Text-Eingabe-Techniken an, die Gerätehersteller für ca. 300 Sprachen verwenden können, einschließlich klingonisch:
LetterWise (schon in über 20 Millionen DECT-Telefonen zu finden), Lunate (für Smart Watches), WordWise (die Variante "Shift-WordWise" soll blindes Tippen zuverlässig unterstützen, zumindest in englischer Sprache) und EQx (für kleine QWERTY-Tastaturen in mobilen Geräten).

Von der Zi Corporation kommt eZiText. Genauer gesagt: kam. eZiText und eZiType sind mittlerweile Bestandteil des Produkt-Portfolios von Nuance, werden da aber nicht mehr genannt. Gut möglich, dass damit einfach T9 verbessert wurde …

Es gibt noch einige weitere Eingabe-Methoden. Die folgenden konnten im Ericsson R520 mit AT*EIMV eingestellt werden:
Multitap, Digit, Integer, Real, T9, Zi8, Zi8 Stroke, Zi8 BoPoMoFo und Zi8 Pinyin. Die beiden letzten dienen der Eingabe chinesischer Zeichen; sollte ein Besucher dieser Seite etwas mehr Information zu diesen Eingabe-Methoden haben, würde ich mich über eine Mail sehr freuen.

Smartphones

Die bis hierhin beschriebenen Produkte waren allesamt für Geräte mit Tasten entwickelt worden. Jetzt sollte man aber nicht denken, dass die Eingabesysteme von Smartphones schon ausgereift sind, nur weil es die schon seit mehr als 10 Jahren gibt. Swype ist nur ein Beispiel von vielen Produkten, die durchaus effizienter sind als die von den Mobile-OS-Anbietern mitgelieferten Eingabemethoden.

Leider kann man aber nicht blind darauf vertrauen, dass eine Bildschirm-Tastatur-App einfach nur die User Experience verbessert. So wurde im Dezember 2017 bekannt, dass die Firma AI Type mit ihrer Bildschirm-Tastatur-App "mal eben" gut 500 GB Kundendaten von 31 Millionen Kunden gesammelt hat. Und die auch noch ungeschützt ins Internet gestellt hat! Neben Namen, Mail-Adressen und Geburtstagen auch komplette Tastatur-Eingaben, sodass auch besuchte Webseiten und zugehörige Passwörter dabei waren. Nachzulesen im Artikel bei Golem.de. Leider sieht man es einer App nicht sofort an, was genau sie im Verborgenen macht. Wenn die Anwender gewusst hätten, welche Datenmengen diese App ins Internet sendet, wären die meisten wohl misstrauisch geworden und hätten sie nicht installiert …

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